Die Entwicklung der Barrierefreien Kommunikation in Deutschland

Stapel Bücher zur barrierefreien KommunikationIm Herbst startet an der Uni Hildesheim ein Master-Studiengang für Barrierefreie Kommunikation. Im Rahmen dieses Studiengangs wird dann endlich auch Leichte Sprache an einer deutschen Hochschule gelehrt. Bis dahin war es ein weiter Weg.

In den USA setzte sich der Behindertenverband People First bereits in den 1970ern für eine leichte, gut verständliche Sprache ein. Doch es dauerte rund 20 Jahre bis diese Idee begann, sich in Deutschland zu verbreiten. 

Die Anfänge der Leichten Sprache in Deutschland

Es begann mit einer Tagung der Lebenshilfe 1994. Dort entschied man, sich künftig für Leichte Sprache stark zu machen. Leichte Sprache, so der Ansatz, vereinfacht Menschen mit Lernschwierigkeiten die soziale und gesellschaftliche Teilhabe.

Eine Arbeitsgruppe begann, eine leichte, gut verständliche Sprache zu entwickeln. Diese Sprache wurde dringend gebraucht, sie sollte die Grundlage zur Teilhabe werden.

Wer lesen kann, hat Zugang zu Informationen. Er kann sich eine Meinung bilden, seine Rechte wahrnehmen und letztendlich selbstständig entscheiden und handeln. Er ist, so der juristische Fachbegriff, geschäftsfähig und braucht keine gesetzliche Assistenz mehr, die ihn bevormundet.

Schon ein Jahr später erschien das erste Buch in Leichter Sprache. „Wir vertreten uns selbst“, war ein Buch für Selbsthilfegruppen von Menschen mit Lernschwierigkeiten.

1997 gründete sich dann eine Gruppe, die den Titel des Buches als Namen wählte. „Wir vertreten uns selbst“ setzte sich für Leichte Sprache ein und entwickelte das erste deutschsprachige Wörterbuch für Leichte Sprache.

Später wurde die Gruppe zum Verein. In Anlehnung an das amerikanische Vorbild gab er sich den Namen „Mensch zuerst“.

Die Entwicklung von Leichter Sprache in Deutschland

1998 erschienen die ersten Regeln für Leichte Sprache, entwickelt von Inclusion Europe. 2004 eröffnete, unter dem Dach der Lebenshilfe Bremen, das erste Büro für Leichte Sprache in Deutschland.

2006 wurde das „Netzwerk Leichte Sprache“ gegründet. Denn die Leichte Sprache begann, sich in Deutschland zu verbreiten und die Menschen, die mit Leichter Sprache arbeiteten, wollten sich kennenlernen. Schnell wurden auch Ideen entwickelt, wie man zusammen arbeiten und die Verbreitung der Leichten Sprache voran bringen konnte.

Es zeigte sich, dass nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern auch Menschen mit Demenz, Leseschwäche und Sprachschwierigkeiten, Texte in Leichter Sprache gut verstehen.

Die Verbreitung von Leichter Sprache in Deutschland

2011 veröffentlichte die Universität Hamburg eine vielbeachtete Studie zur Erwachsenenbildung. Diese Studie zeigte, dass rund 15 Prozent der Erwachsenen in Deutschland, also ungefähr 7,5 Millionen Menschen, funktionale Analphabeten sind. Diese Menschen können nicht oder nur sehr wenig lesen.

Weitere 26 Prozent (13,3 Millionen) können zwar lesen, aber nicht gut schreiben. In Deutschland leben also fast 21 Millionen Erwachsene, die nur eingeschränkt alphabetisiert sind.

Doch erst mit der Flüchtlingswelle 2015 wurde zunehmend lauter öffentlich nach Texten in Leichter Sprache gerufen. Menschen in Behörden und sozialen Einrichtungen erkannten, dass Leichte Sprache Ihnen und vielen ihrer Klienten das Leben einfacher macht.

Mittlerweile gibt es erste Unternehmen, die Leichte Sprache als internen Baustein ihrer Corporate Social Responsibility (CSR) in der Mitarbeiterkommunikation einsetzen wollen. Diese Unternehmen haben erkannt, dass es nicht reicht, Mitarbeiter mit Leseschwäche zu alphabetisieren. Denn um schwierige Fachtexte zu entziffern, sind diese Kurse nicht ausreichend.

Um alle Mitarbeiter, von der Hilfs- bis zur Führungskraft, gleichermaßen mit Informationen zu versorgen, werden leicht lesbare Texte gebraucht. Diese Texte sollten von Menschen geschrieben sein, die die Leichte Sprache beherrschen. Und von Menschen geprüft werden, die Leichte Sprache brauchen und gleichzeitig mit den fachlichen Inhalten der Texte vertraut sind.

Publikationen und Weiterbildungen in Leichter Sprache

Seit 2016 gibt es einen eigenen Duden für Leichte Sprache und das Ministerium für Arbeit und Soziales stellt einen kostenlosen Ratgeber zum Download bereit. Dieser Ratgeber bietet eine gute Grundlage für Menschen, die gerade beginnen, sich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Weiterbildungen in Leichter Sprache sind noch immer rar. Immerhin startet die Universität Hildesheim im kommenden Herbst einen Masterstudiengang Barrierefreie Kommunikation.

Im Rahmen dieses Studiengangs sollen neben der Leichten Sprache auch

  • Gebärdensprache
  • Audiodeskription
  • Untertitelung für Hörgeschädigte
  • Visualisierungstechniken für Schriftdolmetscher und Respeaking
  • barrierefreie Rechtskommunikation
  • Übersetzung von Rechtstexten sowie
  • unterstützte und apparategestützte Kommunikation

gelehrt werden.

Ihr seht, Barrierefreie Kommunikation ist ein weites Feld, auf dem es viele einzelne Spezialgebiete zu entdecken gibt.

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