
1994 starteten in Deutschland die Bemühungen um eine barrierefreie Sprache. Denn Sprache ist bekanntlich ein wichtiges Instrument für die Teilhabe am sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben. Doch die ersten 15 Jahre lief es zäh.
Als ich 2009 eine Weiterbildung für Leichte Sprache machen wollte, googelte und telefonierte ich drei Tage lang bis ich endlich einen Anbieter fand.
Mittlerweile hat sich die Bewegung weiterentwickelt. Es gibt viele kleine Initiativen und Einzelpersonen, die sich dafür einsetzen, möglichst viele Menschen durch eine angemessene Sprache zu erreichen. In manchen Städten gibt es spezielle Vorgaben für leicht lesbare Verwaltungssprache und die großen Sozialverbände halten alle einen eigenen Bereich in leichter Sprache auf ihren Websites bereit.
2016 erschien der erste Duden für leichte Sprache und es gibt Broschüren, Fachbücher, Erzählungen und Romane in leichter und einfacher Sprache.
Duden für Leichte Sprache
Der „offizielle“ „Duden Leichte Sprache“ ist ein Werk für Sprachwissenschaftler und als Unterstützung bei der Texterstellung leider wenig hilfreich. Die Autorinnen haben hier zwar enormes Wissen aus zahlreichen Quellen zusammengetragen, aber wenn Ihr selber schreiben wollt und praktische Tipps sucht, seid Ihr mit dem „Duden – Ratgeber Leichte Sprache“ deutlich besser dran. Der Ratgeber liefert viele praktische Tipps, die sich auch tatsächlich gut umsetzen lassen.
Fachbücher für einfache Sprache
Fachbücher, die leichte und einfache Sprache erforschen und erklären gibt es auch immer mehr. Viel beachtet wurde beim Erscheinen das Buch „Einfache Sprache – Verständlich Texte schreiben„. von Andreas Baumert, Professor an der Uni Hannover. Hier steht die einfache Sprache im Mittelpunkt.
Aber es gibt nicht nur Fachbücher zum Erlernen der leichten und einfachen Sprache. Es gibt auch Fachbücher die, in einfacher Sprache geschrieben, komplexe Dingen erklären und Wissen weitergeben.
Fachbücher in einfacher Sprache
Meine Kollegin Andrea Behnke hat für den Bildungsverlag Eins bisher zwei Bände für die Reihe „So einfach funktioniert Deutschland verfasst.“
Im Band „Ausbildung und Beruf“ dreht sich alles um Berufsbildung, Berufseinstieg, Arbeitssuche, Umgang mit Behörden und die erste Zeit im Job. Im Band „Alltag und Leben“ erklärt Andrea insgesamt 38 Themen von Bildung und Behörden über Lebensmitteleinkauf und Gesundheit bis zur Wohnungssuche.
Die Bücher sind für Deutschlernende gedacht, eigenen sich aber auch sehr gut für Lernende der einfachen Sprache. Ich setze die Hefte seit einigen Jahren in Grundlagen-Workshops ein, die ich manchmal für die Mitarbeiter von Sozial- und Bildungseinrichtungen gebe.
Das Faszinierende daran: Viele Menschen (mich selbst eingeschlossen) begreifen erst mit Hilfe der einfachen Sprache, dass sie sich um viele scheinbar selbstverständliche Dinge und Abläufe noch nie wirklich Gedanken gemacht haben. Das führt in jedem Workshop zu Aha-Effekten. Und manchmal auch zu Tränenausbrüchen und Wutanfällen.
Denn es gibt in fast jedem Workshop einen Punkt, an dem sich gebildete Menschen im Umgang mit der eigenen Muttersprache plötzlich völlig unfähig fühlen. Meistens im Laufe eines Übungs-Quiz, das ich aus den Begriffen aus Andreas Buch gemacht habe.
Insbesondere die Begriffe aus dem Behörden-Kapitel lassen Nicht-Verwaltungsmenschen oft verzweifeln. Meine Teilnehmer müssen dann so schwierige Dinge, wie „Hilfe zum Lebensunterhalt“ und dem übrigen Sozialrecht in einfacher Sprache erklären.
Das ist für Viele eine enorme Herausforderung. Da dienen Andreas Hefte dann oft als so eine Art Musterlösung.